zu den Entscheidungen ... » Rückführung aus Pflegefamilie

Eine Mutter gebärt Zwillinge.
Sie ist zunächst krankheitsbedingt überfordert, die Kinder zu betreuen.
Der Vater ist zu alt.
Darüber informiert die Klinik das Jugendamt.

Das Jugendamt stellt der Mutter eine Notmutter zur Verfügung.
Die Notmutter teilt dem JA mit, dass die Kinder wegen der hygienischen Zustände nicht im Haushalt der Mutter bleiben könnten.
Daraufhin wird der Notmutterdienst beendet und die Kinder werden in Obhut genommen.

Die Eltern bestreiten die Vorwürfe der Notmutter.
Sie erklären sich aber zunächst mit einer Fremdunterbringung einverstanden.

Die Kinder kamen zunächst in ein Krankenhaus und anschließend getrennt voneinander in Bereitschaftspflegefamilien. Danach leben sie gemeinsam in einer Pflegefamilie.

"Schicksal, so nimm denn deinen Lauf", könnte man in Anlehnung an Goethes Faust mit Blick auf den Fortgang der Ereignisse argwöhnen. Und tragisch endet dann auch der Versuch der Eltern, die Zwillinge zurück zu bekommen.

Allerdings haut das Bundesverfassungsgericht den Instanzen in einer derart belehrenden Weise auf die Ohren, dass man kein Schelm sein muss, sich bei deren Entscheidungen Böses zu denken.

Nicht wenige Mütter, die ich mittlerweile kennengelernt habe, werden sich wiedererkennen und sich die Frage stellen, ob der Verfahrensverlauf für sie und ihre Kinder günstiger geendet wäre, wenn sie einer "vorläufigen" Unterbringung nicht zugestimmt hätten.
Allen Erfahrungen nach kann man diese Frage aber guten Gewissens mit nein beantworten. Denn solche Verfahren haben etwas Grundsätzliches an sich.
Sie sind stereotyp mit Blick auf Argumentation, Zusammenarbeit der Professionen und Profitverhalten der beteiligten Träger.

Und eine Entscheidung - wie diese - durch das Bundesverfassungsgericht im Wege einer Verfassungsbeschwerde zu erhalten, ähnelt den Chancen eines Lottogewinns.

Dennoch:
Die Stellungnahme des BVerfG stellt im konkreten Einzelfall ähnlich betroffener Eltern eine gute Argumentation zur Verfügung, mit der man frühzeitig eine Nichtzustimmung zu einer "vorläufigen" Fremdunterbringung begründen kann.

Der Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichtes vom 22. Mai 2014, - 1 BvR 2882/13 - Rn. (1-59) gehört somit zur Pflichtlektüre!

http://www.bverfg.de/e/rk20140522_1bvr288213.html

Sollte sich jeder, der irgendwie mit dem Thema zu tun hat, mal sehr genau durchlesen! Diese Zeit ist allemal besser investiert, als in facebook-Gruppen Vermutungen anzustellen.

Besonders interessant ist der erste Teil, indem der genaue Zeitablauf geschildert wird. Hier wird deutlich, wie Jugendämter und Helfer vorgehen, und zwar in einer Art die mit dem Wort "skandalös" eigentlich nicht einmal treffend beschrieben ist.

Und zuletzt die Dauer: Auch wenn die Eltern letztlich Recht bekamen und froh sein konnten, einen Rechtsanwalt gefunden zu haben der es bis zum Bundesverfassungsgericht "schaffte", so bedeutet dies jahrelanges Leid und Kampf. 2011 - Amtsgericht; 2013 - Oberlandesgericht; 2014 - die Entscheidung des BVerfG. Und dies bei einer Inobhutnahme im Jahre 2009.