zu den Entscheidungen ... » Rechtsbeugung, § 339 StGB - was ist das?

Man liest gelegentlich in den einschlägigen Facebook-Gruppen darüber.
Meistens von Menschen, die schon in den ersten zwei Zeilen der von ihnen geschriebenen Beiträgen offenbaren, dass sie eine vollkommen falsche Vorstellung von diesem Delikt haben, nicht zuletzt deswegen, weil sie von Recht (aber auch von Verwaltungshandeln) nichts verstehen.

Aber die Frage ist berechtigt, ob Rechtsbeugung überhaupt außerhalb des Papiers, auf dem der Tatbestand als Verbrechen(!) normiert ist, existiert.
Und wenn ja, stellt sich die daran anschließende Frage, ob Rechtsbeugung auch sanktioniert wird.

Der Gesetzestext liest sich einfach:
"Ein Richter, ein anderer Amtsträger oder ein Schiedsrichter, welcher sich bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache zugunsten oder zum Nachteil einer Partei einer Beugung des Rechts schuldig macht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft."

Richter, Amtsträger oder Schiedsrichter können danach Täter einer Rechtsbeugung sein.
Vorausgesetzt, sie sind mit der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache befaßt. Gemeint sind damit alle Rechtsangelegenheiten, die in einem rechtlich vollständig geregelten Verfahren verhandelt und entschieden werden, mithin auch Verfahren vor Verwaltungsbehörden, bspw. Bußgeldverfahren nach dem OWiG.
Staatsanwälte können das Recht auch beugen, indem sie strafbare Handlungen nicht verfolgen!

Aber was versteht das Strafrecht genau unter dem Begriff "Rechtbeugung"?
Was muss ein Täter tun um Recht zu beugen?

"Das Recht ist gebeugt, wenn eine Entscheidung ergeht, die objektiv im Widerspruch zu Recht und Gesetz steht" (Schönke/Schröder, Kommentar zum StGB, § 339, Rdnr. 5a).

Das ist der Fall, wenn bspw.

- Beschwerden unterdrückt werden, Beschwerden also an das Beschwerdegericht nicht weitergeleitet werden, aber auch bei

- Ermessensmißbrauch oder

- falscher Anwendung von Rechtsnormen.

Ebenso ist der -objektive- Tatbestand erfüllt, wenn

- Sachverhalte verfälscht oder

- rechtlich gebotene Handlungen unterlassen werden.​

Allerdings schränkt der BGH die Tathandlung (anders, als die herrschende Lehrmeinung, die eine fehlerhafte Rechtsanwendung nur dann unter Rechtsbeugung subsumiert, wenn die Auffassung des Richters nicht einmal mehr als vertretbar erscheint) ein: die bloße Unvertretbarkeit einer Entscheidung ​begründet noch keine Rechtsbeugung. Es muss sich um einen elementaren Verstoß gegen die Rechtspflege handeln und der Amtsträger muss sich bewußt in schwerwiegender Weise vom Gesetz entfernt haben.

An dieser Stelle muss auf den weiteren Prüfungsaufbau hinsichtlich der Strafbarkeitsvoraussetzungen, nämlich auf Vorsatz, Rechtswidrigkeit und Schuld nicht weiter eingegangen werden. Klar dürfte nach Allem sein, dass nur gewichtige - um es einmal anders auszudrücken - Rechtsverletzungen eine Rechtsbeugung begründen und Bagatellen von vornherein ausscheiden.

Wen wundert es also noch, dass viele die Meinung vertreten, das Verbrechen "Rechtsbeugung" gibt's nur auf dem Papier.
Oder wie der Volksmund sagt: eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus!